Ukrainische Schüler am Rupert-Neß-Gymnasium

Ukrainische Schüler am Rupert-Neß-Gymnasium

Ein Teil der ukrainischen Kinder, die wir aktuell bei uns an der Schule unterrichten mit den Lehrerinnen Heidi Schubkegel, Almuth Rexer-Schorer, Cordula Meier und Silvana Weitz

Als neulich im Mathe-Unterricht der Klasse 5b das Thema „Größenangaben bei der Zeit“ an der Reihe war, sah das erstmal so aus: 60 с = 1 хв, 60 хв = 1 год, 24 год = 1 доба. Die Fünftklässler haben recht schnell begriffen, worum es geht.

Am 21. März 2022 hat das Rupert-Neß-Gymnasium Wangen neun ukrainische Schülerinnen und Schüler aufgenommen. Diese sind vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen und hier in Wangen bei Gastfamilien untergekommen. In kürzester Zeit hat Frau Oberstudienrätin Silvana Weitz ein Konzept erarbeitet und organisiert, wie die Kinder und Jugendlichen am RNG integriert und unterrichtet werden können. Ihnen wird einen geregelter Schulalltag, Anschluss an bestehende Klassen und intensiver Deutschunterricht ermöglicht.

Die Geflüchteten kommen aus verschiedenen Teilen der Ukraine und haben unterschiedliche Kriegs- und Fluchterfahrungen. Am Rupert-Neß-Gymnasium werden sie ihrem Alter gemäß einzelnen Klassen zugeteilt. In der Regel ist dies eine Klasse unter der, die sie in der Ukraine besucht haben. Die jüngste Gastschülerin ist zehn Jahre alt und geht nun gemeinsam mit zwei Zwölfjährigen Ukrainern in eine fünfte Klasse, die älteste ist 16 und hat in der 9c Anschluss gefunden.

In ihren zugeteilten Klassen wurden die neuen Mitschüler ausgesprochen herzlich aufgenommen. An dieser Stelle ein dickes Lob an die Schülerschaft des RNG! In den Klassen haben sich Klassenpaten gefunden, die als Ansprechpartner für die Neuen fungieren und sie im Schulalltag unterstützen. Die Kommunikation erfolgt noch meist auf Englisch oder per Übersetzer-App. In manchen Klassen gibt es zudem einzelne RNG-Schülerinnen oder Schüler, die Russisch sprechen, was auch die ukrainischen Kinder allesamt beherrschen.

In einigen Fächern, wie z.B. Sport, Bildende Kunst, Englisch, aber auch Mathe, nehmen die Gastschüler weitestgehend am normalen Unterricht ihrer Klasse teil. Daneben haben sie im Laufe der Woche vormittags etwa zwölf bis 15 Schulstunden separaten Unterricht, wo sie gemeinsam Deutsch lernen. Dieser Deutschunterricht findet in wechselnden Gruppen von drei bis acht Schülern statt, je nach Stundenplan der einzelnen Schüler.

Der Deutschunterricht für die Ukrainer läuft nach dem DaZ-Prinzip (Deutsch als Zweitsprache). Der Unterricht fängt bei null an. Beim Lernfortschritt wird aber berücksichtigt, dass die Lernenden auch im Alltag regelmäßig Deutsch hören und sich ständig neue Wörter und Wendungen aneignen.

Etwa ein Dutzend Lehrerinnen und Lehrer verschiedenster Fachrichtungen des Rupert-Neß-Gymnasiums haben sich bereit erklärt, den DaZ-Unterricht abwechselnd zu übernehmen. Sie tun dies in ihren Freistunden, zusätzliche Lehrkräfte stehen nicht zur Verfügung. Und nicht alle von ihnen haben eine spezielle DaZ-Ausbildung. Aber es ist ihnen wichtig, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten und ein Steinchen ins Mosaik der Hoffnung einzufügen. Wertvolle Unterstützung erfahren sie durch eine ukrainische Studentin, die es ebenfalls nach Wangen verschlagen hat. An mehreren Tagen die Woche kommt sie für einige Stunden in den DaZ-Unterricht und hilft Schülern und Lehrern.

Die ukrainischen Schülerinnen und Schüler haben ein DaZ-Lehrwerk, mit dem sie kontinuierlich arbeiten. Daneben haben sich die Lehrkräfte abgesprochen, immer wieder auch eigene Schwerpunkte zu setzen, um den Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten. Dies reicht von spielerischen Dialog- und Wortschatzübungen bis hin zu mathematischen Fachbegriffen, wie sie den Kindern im normalen Unterricht begegnen, wenn sie bei ihrer Klasse sind.

Deutsch ist keine leichte Sprache. Der intensive DaZ-Unterricht fällt den ukrainischen Kindern (und übrigens auch den Lehrkräften) nicht immer leicht. Manche Schülerinnen und Schüler machen bemerkenswert schnelle Fortschritte, andere tun sich schwer.

Die Rückmeldungen der ukrainischen Schüler und ihrer Gasteltern sind sehr positiv. Sie fühlen sich gut aufgenommen und sind dankbar für das Engagement der Schule. Manche von den ukrainischen Kindern haben jemanden in der Gruppe, den sie schon vorher kannten, aber im Wesentlichen haben sie sich erst hier kennengelernt. Es hilft ihnen, mit dieser Situation nicht allein zu sein, sondern andere zu haben, mit denen sie sich austauschen und normal reden können.

Wie geht es weiter? Die Schulen stellen sich darauf ein, dass in den nächsten Wochen weitere Schulkinder aus der Ukraine dazu stoßen. Unklar ist, ob und wann sie in ihre Heimat zurückkehren können. Grundsätzlich muss es das Ziel sein, zumindest die Möglichkeit zu schaffen, die Geflüchteten nach und nach in den Regelunterricht zu integrieren und ihnen die Aussicht auf eine erfolgreiche Fortsetzung ihrer Schullaufbahn offen zu halten. Eine ukrainische Schülerin hat sich jedenfalls schon fest vorgenommen, in Deutschland das Abitur zu machen. (Eb)